England liegt hinterm Horizont

Kein Hund wird zurückgelassen. Außer mit seinem Chip stimmt was nicht.

Das ist der Grund warum ich in Amsterdam zurückgelassen wurde und nicht nach Großbritannien einreisen durfte.

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Eigentlich sollte ich jetzt in Großbritannien sein. Eigentlich. Aber dazu später. Diesen Text schrieb ich im Restaurant eines holländischen Campingplatzes.

Nach einer Stunde Stau auf der A2 kam ich noch vor dem Beginn des Boardings im Fährhafen an. Auch wenn bei DFDS Amsterdam auf der Buchung steht, verhält sich das ähnlich wie mit den Flughäfen von RyanAir. Der Fährhafen IJmuiden ist knappe 30 Kilometer von Amsterdam entfernt. Vorsichtshalber gibt die Gesellschaft die Koordinaten an. N 52° 27, 744´; E004° 35, 223, falls es jemandem wichtig sein sollte.

Vor dem Boarding des Autos muss der Hund eingecheckt werden. Das geht, wenn alles in Ordnung ist, sehr schnell. So war es zumindest bei dem „Mitreisenden“ vor mir.

Dann kam ich an die Reihe. Impfbuch? Passt. Papiere? Passen. Fristen? Passen so was von. Chip auslesen. Spanisches Impfbuch. Der Ort des Chips in Landessprache. Die versierte Dame am Schalter fragte routiniert Google. „Schulter“, grinste mich an. Digital Immigrant würde ich sagen.

Vielleicht ist das Lesegerät ja defekt.

Ich bekam ein Lesegerät übereicht und sollte nun die Nummer auslesen, um die Identität des Hundes zu bestätigen. Der Teil wird noch sehr wichtig. Gerät Nummer eins suchte und suchte. Fand aber nichts. Der Hinweis „LOW BAT“ zwang meinen Angstschweiß wieder zurück. Zum Glück war ich sehr früh da und hinter mir war keine Schlange wartender Reisewilliger, die mich bei nächster Gelegenheit über Bord werfen würden.

Mir wurde ein neues Gerät überreicht. Das war mit der Suche genauso erfolgreich wie sein Vorgänger. Mir wurde ein anderes Modell überreicht. Ebenfalls erfolglos. Mittlerweile hatte sich die andere Dame vom Schalter zu mir begeben und erklärte, dass der Chip ihres Hundes sich mittlerweile im Hintern des selbigen befindet. Das weckte Hoffnung in mir und ich tastete den Hintern meines Hundes ab.

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Nach zehn Minuten Suche wählte die Digitalspezialistin die Nummer des örtlichen Tierarztes und schickte mich dorthin. „Die finden die Dinger immer“, versprach sie. Hund und Adresse im Wagen raste ich durch das Dorf. Dort wurde mir erklärt, dass der Chip wohl defekt und nicht auslesbar sei. Der Pragmatiker, der ich bin, befand einen neuen Chip als Lösung aller Probleme. Also rein das Ding. Der Frau 31 Euro überreicht und im Tiefflug zurück zum Hafen und den wartenden Damen.

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Dort die Situation erklärend und stolz mit der neuen Chipnummer wedelnd, bekam ich die Ansage: “Jetzt haben wir aber ein Problem. Dann ist das ja nicht mehr der Hund“. Wie? Ich hab den ja nicht beim Tierarzt ausgetauscht. Da ist doch sogar ein Foto im Pass. Ich wurde auf die Wartebänke geschickt, während man in Newcastle beim Tierarzt anrief.

Daumen hoch ist nicht immer ein gutes Zeichen.

Mit Daumen hoch rief mich die Frau zum Schalter. Ich eilte. Wie es bei einem Schlag in die Fresse aus vollem Lauf nun mal so ist, traf dieser noch härter. Der Veterinär sagte Nein. Die Identität könne ja nun nicht mehr bestätigt werden. Damit hat der neue Chip übrigens nur am Rande zu tun. Der nicht auslesbare Chip hätte die gleiche Konsequenz gehabt. Ich kam mit dem neuen Chip dem nun folgendem Prozedere einfach nur zuvor.

Der Hund, neu geboren.

Der Hund benötigt einen neuen Pass. Mit allen neuen Impfungen und Fristen. Ich hörte im Hintergrund immer irgendwas von 21 Tagen. Langsam realisierte ich, dass der Dampfer ohne mich in See stechen wird. Ich hieng aber in der Leugnungsphase fest und fragte, wie das Boarden jetzt weiter vonstattengehen würde. Sie verwies mich auf die Umbuchung im Dezember. Dann sollte alles reibungslos verlaufen. Was sie eigentlich meinte, ist: Geld gibt es nicht zurück.

Im Auto saß ich erst mal eine Stunde ziemlich planlos herum und versuchte, wenigstens schnell eine Übernachtungsmöglichkeit in Amsterdam zu finden. Ohne Vorlauf und Recherche ist das existenzgefährdend. Auf die Schnelle ein Hotel finden, das Hunde aufnimmt? 250 Euro aufwärts. Könnte aber auch an der Googlesuche gelegen haben.

Während ich über die Erfolgsaussichten einer Geiselnahme nachdachte, schickte mir eine Freundin die Adresse eines Campingplatzes. Ich fand mich damit ab und fuhr, nachdem man mir sagte, man würde sich freuen, mich als Gast zu begrüßen, die 40 Kilometer dorthin.

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