Ins Blaue hinein. Gegen das Diktat des „Must see“

Lena Grossmüller hat einen Reiseführer gestaltet, der anders als alle anderen Reiseführer ist. Das Tollste, er ist universell verwendbar.

Nichts kam für mich passender als der Reiseführer von Lena Grossmüller. Ich bin in einem Land, von dem ich nur soviel weiß, dass es im Norden an Deutschland grenzt. Ich hatte keine Zeit für Recherche und will dennoch eine spannende Reise erleben. Die Zeit einen Reiseführer zu lesen, habe ich nicht. Und Lust sowieso nicht. Tripadvisor bringt meist die gleiche Erkenntnis und andere Dinge erfahre ich auch im Internet.

In Lena Grossmüllers Reiseführer steht zwar auch immer das Gleiche drin, aber es ist jedes Mal eine völlig neue Erfahrung. Und das Beste. Man muss ihn auch nur einmal kaufen. Grossmüller hat den „Reiseführer des Zufalls“ geschrieben. Ein universal anwendbarer Reiseführer, der die Städte jedes Reiseziels jedes Mal völlig anders zeigt.

Darin zu finden sind Vorschläge wie diese: Folge einer fremden Person durch die Stadt. Geh in ein Geschäft und kaufe etwas Blaues. Ist es hellblau, lauf nach dem Einkaufen nach links. Ist es dunkelblau, lauf nach rechts.

Die Erfahrung als Texterin und in der Medienkommunikation merkt man dem Buch auf jeder Seite an. Clean und pragmatisch bleibt Platz für den persönlichen Individualismus.

Während ihrer Recherche traf sie auch auf Boris Sievert, einen Betreiber des Büros für Städtereisen in Köln. Er ist der Meinung, dass europäische Städte wie eine gute Stube aufgebaut sind. Und da halten sich die Leute meist im Wohnzimmer auf. Oder in der Küche. Grossmüller inspiriert dazu, sich zu verlaufen und die Ränder kennenzulernen.

Freunde und Bekannte haben das Buch in ca. 20 Städten von Südafrika über Brasilien bis nach China getestet. Sicher sind nicht alle Städte – schon allein aus Sicherheitsgründen – dazu geeignet, sich zu verlieren. Aber das Buch soll auch nur die Kreativität anregen. Der Tipp „Finde jemanden mit einem Tier, und komm mit dem Besitzer ins Gespräch“, erwies sich in einem Land so schwierig, dass letztendlich der Strandverkäufer von Plastikdelfinen herhalten musste.

Weil mir sowieso nichts Anderes übrig bleibt, werde ich versuchen, Dänemark auf diese Weise kennenzulernen.
Den Reisführer könnt ihr beim Kommode Verlag bestellen

(Foto: Auszüge aus „Reiseführer des Zufalls“ von Lena Grossmüller)